Das perfekte Weihnachtsgeschenk

Diese Geschichte wurde von Silvia Kuschela im Rahmen eines Literatur-Wettbewerbs zum Thema Einfache Sprache geschrieben. 
Die Geschichte kam unter die besten 15 und wurde in Buchform veröffentlicht.

Es war 8.00 Uhr.
Meine Mutter weckte mich.
Sie gab mir einen Kuss.
Liebevoll sagte sie: „Tobi steh auf. Es hat heute Nacht geschneit.“

Ich sprang aus dem Bett.
Und schaute aus dem Fenster.
Überall lag Schnee.
Auf der Wiese.
Auf den Bäumen.
Auf der Straße.
Es war unglaublich schön.

Wir zogen uns an und stürmten in den Garten.
Zuerst machten wir eine Schneeball-Schlacht.
Dann bauten wir gemeinsam einen Schneemann.
Wir hatten viel Spaß.

Als wir fertig waren, legten wir uns auf den Schnee.
Wir schauten in den Himmel.
Es begann wieder zu schneien.
Wir beobachteten die Schneeflocken.
Sie fielen langsam auf uns.
Immer näher kamen sie.
Schließlich waren sie da.

Die Schneeflocken landeten auf unserem Gesicht.
Langsam zerschmolzen sie auf unserer warmen Haut.
Dann flossen sie über unsere Wangen.
Es war einer dieser besonderen Momente.
Ein Moment, den man nie vergisst.

Genau in diesem Moment fasste ich einen Entschluss:
Ich schenke meiner Mutter etwas ganz Besonderes zu Weihnachten.

Während der nächsten Tage überlegte ich was ich ihr schenken könnte.
Ich hatte viele Einfälle.
Aber nichts war gut genug.
Ich wollte das perfekte Geschenk.
Ein Geschenk, über das sie sich freut.
Umso mehr ich nachdachte, umso schwieriger wurde es.
Plötzlich wusste ich was ich ihr schenke.

Das kam so.
Meine Mutter kam mit einer großen Schachtel aus dem Keller.
Die Schachtel war gefüllt mit Christbaum-Schmuck.
Sie holte eine Christbaum-Kugel aus der Schachtel.
Stolz sagte sie:
„Jede dieser Christbaum-Kugeln hat eine besondere Bedeutung.“

Sie zeigte mir einen Schwan.
Er war lila.
Am Kopf hatte er weiße Federn.
„Diesen haben wir gemeinsam gekauft.
Mir hat die Farbe gefallen,
dir haben die Federn gefallen“,
erklärte mir meine Mutter lächelnd.

Genau in diesem Moment kam mir die Idee.
Ich werde meiner Mutter eine Christbaum-Kugel schenken.

Es war Samstag, der 23. Dezember.
Morgen war Weihnachten.
Ich hatte alles genau geplant.
Doch alles lief falsch.

Um 10 Uhr 30 wachte ich auf.
Ich hatte verschlafen.
Schnell zog ich mich an.
Zu meinen Eltern sagte ich: „Ich geh zu Valentin.
Wir backen gemeinsam Kekse.“
Meine Eltern bemerkten meine Notlüge nicht.
Im Gegenteil.
Sie freuten sich, dass ich mich sinnvoll beschäftige.
Ich hatte fast ein schlechtes Gewissen.

Das Geschäft sperrte um 12 Uhr zu.
Der Bus fuhr um 11 Uhr 35.
Das bedeutete, es geht sich gut aus.
Ich würde rechtzeitig zum Geschäft kommen.

So schnell ich konnte rannte ich zum Bus.
Ich erwischte ihn gerade noch.
Bei jeder Haltestelle blieb der Bus stehen.
Leute stiegen ein und aus.
Es dauerte ewig.
Immer wieder dachte ich daran, dass das Geschäft um 12 Uhr zusperrt.
Ich versuchte mich zu beruhigen.

An der nächsten Haltestelle stand eine alte Dame.
Sie hatte Schwierigkeiten einzusteigen.
In jeder Hand trug sie eine Einkaufstasche.
Bereits für die erste Stufe brauchte sie eine Ewigkeit.
Ich überlegte nicht lange.
Ich lief zu ihr und sagte: „Kann ich Ihnen helfen?“
Dankbar nahm sie meine Hilfe an.
Ich nahm ihre Einkaufstaschen und sie stieg ein.
Sie sagte: „Du bist ein sehr aufmerksamer Bub.
Danke für deine Hilfe.“

Um 11 Uhr 55 kam ich in Mödling an.
Ich rannte zum Geschäft.
Noch ein paar Schritte.
Endlich war ich dort.
Ich hatte es geschafft.
Ich öffnete die Tür.
Doch sie ging nicht auf.
Die Tür war verschlossen.
Ich geriet in Panik.
Mein Herz schlug wie wild.
Tränen standen in meinen Augen.
Das konnte nicht wahr sein.
Keine Christbaum-Kugel für meine Mutter.

Da sah ich es.
Im Geschäft brannte Licht.
Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen.
Vorsichtig klopfte ich an die Tür.
Doch niemand reagierte.
Ich klopfte lauter.
Noch lauter.
So laut, dass ich Angst hatte, die Scheibe könnte zerbrechen.
Doch niemand öffnete die Tür.
Ich war traurig und hilflos.
Ich war wütend und verzweifelt.
Tränen rollten über meine Wangen.

Da hörte ich hinter mir eine Stimme.
„Kann ich dir helfen?“
Ich drehte mich um.
Vor mir stand die alte Dame, der ich in den Bus geholfen hatte.
Ich erzählte ihr alles.

Noch immer rollten Tränen aus meinen Augen.
Ich merkte es nicht einmal.
Die Dame hörte mir zu.
Als ich fertig war, sagte sie: „Du hast Glück.
Das Geschäft gehört meinem Sohn.
Ich wollte gerade zu ihm.“
Sie nahm einen Schlüssel aus ihrer Tasche und sperrte auf.

Ihr Sohn war im Lagerraum.
Deshalb hatte er mich nicht klopfen gehört.
Sie erzählte ihrem Sohn was passiert war.
Ihr Sohn lachte und sagte:
„Na da hast du aber Glück gehabt.
Komm mit.
Dort hinten hängen ganz viele Christbaum-Kugeln.
Ich hoffe die richtige ist dabei.“

Die Christbaum-Kugeln hingen an einem roten Band.
Insgesamt waren es mehr als 50.
Gebannt schaute ich sie mir an.
Da hingen rote, blaue, grüne Christbaum-Kugeln.
Sie hatten verschiedene Muster.
Einige waren aus Holz, andere waren aus Kunststoff.

Dann sah ich sie.
Da hing die perfekte Christbaum-Kugel.
Es war eine Christbaum-Kugel aus Glas.
Im Inneren befand sich eine Schneeflocke.
Die Schneeflocke glitzerte und funkelte wie ein Diamant.

Ich war mir sicher:
Diese Christbaum-Kugel wird meine Mama immer
an unseren Moment im Schnee erinnern.
Voller Freude rief ich: „Ich nehme diese.“
Der Verkäufer antwortete: „Eine sehr gute Wahl.
Das ist reine Handarbeit.
Und du hast Glück. Sie kostet nur die Hälfte.“

Ich hatte keine Ahnung was Handarbeit bedeutet.
Aber dann sah ich ein Schild an der Christbaum-Kugel hängen.
Auf dem Schild stand:
„Reine Handarbeit.
Das bedeutet:
Menschen haben diese Christbaum-Kugel mit den Händen hergestellt.
Sie haben keine Maschinen verwendet.“

Der Verkäufer packte die Christbaum-Kugel ein.
Er sagte: „Das macht 4 Euro.“
Ich freute mich.
Das war viel günstiger, als ich erwartet hatte.

Ich griff in meine Tasche, um meine Brieftasche herauszuholen.
Zum dritten Mal an diesem Tag geriet ich in Panik.
Das konnte nicht sein.
Ich durchsuchte meine Tasche erneut.
Immer und immer wieder.
Doch es war tatsächlich so.
Meine Brieftasche war nicht da.
Ich hatte sie zu Hause vergessen.

Ich stand da.
Vor mir das perfekte Geschenk.
Doch ich hatte kein Geld es zu bezahlen.
Mir wurde heiß.
Mein Gesicht wurde knallrot.

Die Dame vom Bus kam zu mir.
Sie wusste sofort was geschehen war.
Behutsam legte sie ihre Hand auf meine Schulter.
Dann sagte sie:
„Kein Problem.
Nimm die Christbaum-Kugel mit.
Das Geld bringst du uns nach Weihnachten.“
Ich war so erleichtert.

Am nächsten Tag war Weihnachten.
Ich war richtig aufgeregt.
Alle Geschenke lagen unter dem Christbaum.
Auch mein Geschenk für Mama.
Endlich packte Mama mein Geschenk aus.
Sie starrte auf die Christbaum-Kugel.
Eine kleine Träne rollte über ihre Wange.
Ich sah es in ihren Augen.
Auch sie dachte an unseren Moment im Schnee,
als sie die Christbaum-Kugel sah.
Sie umarmte mich und sagte:
„Das ist das schönste Geschenk, das ich jemals bekommen hab.“
Voller Stolz erzählte ich ihr und Papa die ganze Geschichte.

Das alles geschah vor vielen Jahren.
Die Christbaum-Kugel hängt immer noch auf unserem Weihnachtsbaum.
Wenn wir sie anschauen, denken wir an unseren Moment im Schnee.
Inzwischen habe ich eigene Kinder.
Und jedes Jahr zu Weihnachten erzählen wir ihnen diese Geschichte.

Wir Codeknacker wünschen euch allen frohe Weihnachten und viele schöne gemeinsame Erinnerungen. 

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